Ich war vor einigen Wochen nach einem Unfall im Krankenhaus. Weil ich bei der Einlieferung Schmerzmittel bekam, stand ich ziemlich neben mir. Der Krankenhausmitarbeiter hat mir dann eine Vereinbarung vorgelegt, die ich einfach unterschrieben habe, ohne sie richtig durchzulesen. Nun habe ich Rechnungen über mehrere hundert Euro bekommen. Ich bin davon ausgegangen, dass meine Krankenkasse den Krankenhausaufenthalt bezahlt. Wieso bekomme ich nun eine Rechnung und muss ich sie bezahlen?
Anna B. aus München
Wer im Krankenhaus aufgenommen wird, steht oftmals unter Stress, Schmerzen oder Medikamenteneinfluss. Es kommt nicht selten vor, dass Patientinnen und Patienten in einer solchen Situation in erster Linie eine schnelle Behandlung wünschen und deshalb ungelesen alles unterschreiben, was Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ihnen vorlegen. So schließen sie immer wieder Wahlleistungsvereinbarungen ab, die für sie hohe Kosten verursachen. Doch wenn Patientinnen und Patienten nicht richtig aufgeklärt wurden, ist eine Wahlleistungs-vereinbarung unwirksam.
Wahlleistungen sind besondere Leistungen im Krankenhaus, die über das hinausgehen, was medizinisch erforderlich ist. Patientinnen und Patienten können diese auf Wunsch vereinbaren und müssen die Kosten dafür dann selbst übernehmen. Dazu gehört zum Beispiel, dass eine Chefärztin oder ein Chefarzt sie behandelt, sie in einem Einzel- oder Zweibettzimmer liegen oder Massagen bekommen.
Wahlleistungen müssen vor ihrer Erbringung schriftlich vereinbart werden. Diese Vereinbarung kann allerdings unwirksam sein, wenn das Krankenhaus die Patientinnen und Patienten nicht vor Unterzeichnung schriftlich über den Inhalt der Wahlleistungen im Einzelnen und deren Kosten aufgeklärt hat. Dazu gehört auch der Hinweis, dass die Patientin oder der Patient auch ohne eine solche Vereinbarung eine medizinisch notwendige Behandlung durch hinreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte erhält.
Wichtig zu wissen: Die Vereinbarung über eine Chefarztbehandlung bezieht sich auf alle Chefärztinnen und -ärzte des Krankenhauses. Sind an einer Behandlung mehrere Fachgebiete beteiligt, übernehmen auch hier die jeweiligen Chefärztinnen und -ärzte diese Behandlung. Sie können ihre Leistung später gesondert gegenüber der Patientin oder dem Patienten abrechnen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei einer Operation die Chefärztinnen oder -ärzte der Chirurgie und Anästhesie gemeinsam im Einsatz sind.
Die Rechnungen über wahlärztliche Leistungen müssen um 25 Prozent ermäßigt sein. Grund hierfür ist, dass Krankenhäuser die Entgelte für die allgemeinen Krankenhausleistungen in der Regel direkt mit der Krankenkasse abrechnen. In diesen Entgelten ist bereits ein Anteil für die Vergütung der ärztlichen Leistungen enthalten. Durch die Minderung der Wahlleistungsrechnung um 25 Prozent wird sichergestellt, dass die Patientin oder der Patient die Leistungen nicht doppelt bezahlt – als Arzthonorar und als Entgelt für die allgemeinen Krankenhausleistungen.
Möchten Patientinnen und Patienten gegen die Wahlleistungsvereinbarung vorgehen, weil sie nicht oder nicht richtig aufgeklärt wurden, gilt: Trifft dies zu, ist die Vereinbarung unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Patientin oder der Patient die Rechnung nicht bezahlen muss.
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) rät Patientinnen und Patienten wie Anna B., zunächst das Gespräch mit dem Krankenhaus oder der zuständigen Ärztin beziehungsweise dem zuständigen Arzt zu suchen. Hilft dies nicht, können sie sich an das Beschwerdemanagement und ggf. die Patientenfürsprecherin oder den Patientenfürsprecher des Krankenhauses wenden. Wenn man sich trotz allem nicht einigen kann, bleibt nur die gerichtliche Klärung. Denn wenn das Krankenhaus die Patientin oder den Patienten wegen ausstehender Zahlungen verklagt, entscheidet letztlich das Gericht, ob die Wahlleistungsvereinbarung wirksam und die Patientin oder der Patient zur Zahlung verpflichtet ist.
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