Eingriffe an der Gallenblase zählen zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Pro Jahr werden daran etwa 170.000 Frauen und Männer operiert. Der Grund ist meist, dass Gallensteine Beschwerden oder Folgeerkrankungen verursacht haben. Oft sind sie aber harmlos; viele Menschen haben Gallensteine, ohne etwas davon zu merken. Treten Beschwerden auf, stellt sich die Frage, ob nur die Symptome behandelt oder operiert werden soll.
Gallensteine entstehen meist aufgrund eines zu hohen Cholesteringehalts in der Gallenflüssigkeit. Täglich wird in der Leber bis zu ein Liter Gallenflüssigkeit gebildet. Sie ist für die Verdauung von Fetten im Darm wichtig. Der größte Teil der Gallenflüssigkeit fließt nach Nahrungsaufnahme direkt über die Gallenwege in den Zwölffingerdarm, dem ersten Abschnitt des Dünndarms. Der Rest wird zwischen den Mahlzeiten in der Gallenblase gespeichert und eingedickt. Die Gallenblase, ein birnenförmiges Hohlorgan, liegt auf der rechten Bauchseite unterhalb der Leber.
Lage der Gallenblase
Viele Menschen bemerken ihre Gallensteine nicht, weil sie keine oder eher allgemeine Beschwerden haben, die sich schwer zuordnen lassen. Ob und welche Symptome auftreten, hängt davon ab, ob die Steine in der Gallenblase oder in den Gallengängen liegen, wie groß sie sind und ob sie Komplikationen verursachen.
Studien zeigen, dass etwa 2 bis 4 von 100 Menschen mit Gallensteinen innerhalb eines Jahres spürbare Beschwerden bekommen. Etwa 50 von 100 Menschen, die schon einmal Beschwerden wie Koliken hatten, bekommen sie innerhalb von zwei Jahren erneut.
Das typische Anzeichen für Gallenblasensteine sind sehr unangenehme, krampfartige Oberbauchschmerzen (Koliken). Die Koliken können entstehen, wenn die Gallensteine den Ausgang der Gallenblase oder die Mündung des Gallengangs in den Zwölffingerdarm blockieren. Die Schmerzen treten in Wellen auf. Meist klingen sie nach spätestens einer Stunde ab und verschwinden einige Stunden später ganz. Sie können in den Rücken und in die rechte Schulter ausstrahlen. Fachleute sprechen auch von einem Gallensteinleiden.
Auch Gallengangssteine können krampfartige Schmerzen im Oberbauch hervorrufen. Zusätzlich kann es zu einer Gelbsucht (Ikterus) kommen, erkennbar an einer gelblichen Verfärbung der Haut und des Auges. Eine Gelbsucht entsteht, wenn die Steine im Gallengang den Abfluss von Gallenflüssigkeit blockieren. Dann kann der in der Leber gebildete Gallenfarbstoff (Bilirubin) nicht mehr abfließen, die Menge an gelbem Bilirubin im Blut steigt und bewirkt die Verfärbungen. Zusätzlich können der Urin dunkel und der Stuhl hell verfärbt sein.
Menschen mit Gallensteinen berichten mitunter auch über allgemeine Beschwerden wie Völlegefühl, Übelkeit oder Erbrechen.
Gallensteine in Gallenblase und Hauptgallengang
Die Gallenflüssigkeit besteht aus Wasser und verschiedenen Stoffen, die zum Teil nicht wasserlöslich sind. Wenn diese Stoffe verklumpen, entstehen Gallensteine. Die meisten Gallensteine entstehen aus Cholesterin. Seltener sind die sogenannten Pigmentsteine. Sie bestehen aus Kalzium und Bilirubin, einem gelblichen Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs.
Gallensteine können sich in der Gallenblase bilden, seltener auch direkt in den Gallenwegen. Die meisten Gallengangssteine sind in der Gallenblase entstanden und dann erst in den Hauptgallengang (Ductus choledochus) gewandert. Steine in der Gallenblase werden als Cholezystolithiasis bezeichnet, Steine in den Gallenwegen als Choledocholithiasis.
Bekannt ist, dass folgende Faktoren das Risiko für Gallensteine erhöhen:
Es wird geschätzt, dass zwischen 5 und 25 % der Bevölkerung Gallensteine haben. Frauen und ältere Menschen sind häufiger betroffen. Die meisten haben aber keinerlei Beschwerden.
Wenn typische Beschwerden auftreten, ist das Risiko für Komplikationen durch Gallensteine erhöht, zum Beispiel für eine Entzündung der Gallenblase oder der Bauchspeicheldrüse. Pro Jahr kommt es bei etwa 0,2 % der Menschen mit Gallensteinen zu Komplikationen.
Gallensteine werden manchmal zufällig entdeckt, zum Beispiel während einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraums. Oft wird aber gezielt untersucht, weil Beschwerden aufgetreten sind, die auf Gallensteine hindeuten. Vor jeder Untersuchung ist es wichtig, der Ärztin oder dem Arzt alle Beschwerden genau zu beschreiben.
Gallenblasensteine festzustellen, ist in der Regel nicht sehr aufwendig. An das Untersuchungsgespräch schließen sich eine körperliche Untersuchung und ein Ultraschall des Bauchraums an. Dies reicht für eine Diagnose meist aus. Weitere Untersuchungen können nötig sein, um auszuschließen, dass die Beschwerden durch andere Erkrankungen verursacht werden.
Die Diagnose von Steinen im Gallengang kann komplizierter sein. Bei Verdacht auf Gallengangssteine wird ebenfalls ein Ultraschall gemacht. Da sie auf dem Ultraschallbild aber schwieriger zu erkennen sind, schließt sich manchmal eine spezielle Röntgenuntersuchung an, die sogenannte endoskopisch-retrograde Cholangiografie (ERC). Dabei schiebt die oder der Untersuchende ein Endoskop über die Speiseröhre, den Magen und den Anfang des Zwölffingerdarms bis zur Mündung des Gallengangs vor. Hier wird dann ein Kontrastmittel in den Gang gespritzt, um Steine auf dem Röntgenbild sichtbar zu machen. Im Rahmen der Untersuchung können die Steine auch mithilfe des Endoskops gleich entfernt werden.
Alternativen sind die Magnetresonanz-Cholangiografie (MRC) und die endoskopische Ultraschalluntersuchung (Endosonografie). Bei der MRC werden Schichtbilder des Gallengangsystems erstellt. MRC und Endosonografie sind nicht mit Strahlenbelastung verbunden. Bei der MRC ist keine Endoskopie nötig. Daher ist es im Gegensatz zur ERC nicht möglich, entdeckte Steine gleich während der Untersuchung zu entfernen. Dies erfordert einen eigenen Eingriff.
Wenn Gallensteine keine Beschwerden verursachen, gibt es in der Regel auch keinen Anlass, sie zu behandeln. Viele Menschen mit Gallensteinen bekommen auch über einen längeren Zeitraum keine Beschwerden. Zudem kann jede Behandlung Nebenwirkungen haben, und Operationen sind immer mit einem gewissen Risiko verbunden.
Menschen mit sehr großen Gallenblasensteinen oder mit bestimmten Formen einer Porzellangallenblase (dabei ist die Wand der Gallenblase verkalkt) haben ein erhöhtes Risiko für Gallenblasenkrebs. Bei einer Porzellangallenblase wird meist eine Entfernung empfohlen, auch wenn keine Beschwerden bestehen.
Zur Linderung von schmerzhaften Koliken stehen verschiedene Schmerzmittel und krampflösende Medikamente zur Verfügung. Auch Symptome wie Völlegefühl oder Übelkeit lassen sich medikamentös behandeln. Nur selten wird mit Medikamenten behandelt, die Gallensteine auflösen können.
Eine Entfernung der Gallenblase ist die einzige Möglichkeit, schmerzhaften Koliken und Komplikationen dauerhaft vorzubeugen. Ob und wann man sich zu diesem Schritt entschließt, hängt unter anderem von der Stärke der Beschwerden und dem Komplikationsrisiko ab.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Wir informieren darüber, wie man die richtige Praxis findet, wie man sich am besten auf den Arztbesuch vorbereitet und was dabei wichtig ist.
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