Viele Menschen mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Schwindel oder Schwächegefühl vermuten einen niedrigen Blutdruck als Ursache ihrer Beschwerden. Doch was ist ein niedriger Blutdruck, welche Formen gibt es und wann sind weitere Untersuchungen oder eine Behandlung erforderlich? Dieser Text informiert über verschiedene Themen in Zusammenhang mit einem niedrigen Blutdruck oder Kreislaufstörungen.
Mit jedem Herzschlag pumpt das Herz Blut durch den Körper. Der „Blutdruck“ ist der Druck, den das gepumpte Blut auf die Gefäßwände ausübt. Der Blutdruck wird mithilfe eines Blutdruckmessgerätes bestimmt. Es gibt unterschiedliche Messmethoden. Meistens wird der Blutdruck mithilfe einer um den Oberarm gelegten Manschette gemessen.
Es werden zwei Werte gemessen: der systolische und der diastolische Blutdruck. Der systolische Wert misst den Druck in dem Moment, in dem sich das Herz zusammenzieht und Blut in die Gefäße pumpt. Der diastolische Wert misst den Druck in den Gefäßen, wenn der Herzmuskel erschlafft. Die Höhe des Blutdrucks wird in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) angegeben.
Der Körper reguliert den Blutdruck nach Bedarf. Wechselnde Blutdruckwerte sind also ganz normal. In entspannten Situationen ist der Blutdruck normalerweise niedrig, bei körperlicher Anstrengung, Stress oder Angst steigt er an. Bei den meisten Menschen nimmt der Blutdruck außerdem mit steigendem Alter zu.
Der Körper hat verschiedene Möglichkeiten, den Blutdruck zu regulieren. So kann er zum Beispiel den Durchmesser der Blutgefäße verändern – bei weiteren Gefäßen sinkt der Blutdruck, bei engen steigt er an. Das Herz kann stärker und schneller schlagen. Dadurch wird mehr Blut gepumpt und der Blutdruck steigt an. Auch der Flüssigkeitshaushalt hat Einfluss auf den Blutdruck: Mehr Flüssigkeit im Blutkreislauf erhöht den Blutdruck.
Ein normaler Blutdruck liegt bei Erwachsenen systolisch unter 140 mmHg und diastolisch unter 90 mmHg. Diese Werte stammen aus der deutschen und europäischen Leitlinie zum Thema Bluthochdruck. Medizinisch relevant ist vor allem die Abgrenzung des hohen Blutdrucks (Hypertonie), da hoher Blutdruck Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle begünstigen kann.
Eine klare Abgrenzung, ab wann ein niedriger Blutdruck – eine Hypotonie – vorliegt, gibt es nicht. In medizinischen Veröffentlichungen wird häufig bei einem systolischen Wert unter 100 mmHg von einer Hypotonie gesprochen. Niedrige Blutdruckwerte an sich sind allerdings keine Krankheit und führen auch nicht zu Folgeerkrankungen. Symptome eines niedrigen Blutdrucks treten vor allem dann auf, wenn der Blutdruck schnell abfällt oder stark schwankt.
Wenn der Blutdruck so niedrig wird, dass die Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt erden, spricht man von einem Kreislaufschock. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ein Mensch sehr viel Blut verliert oder wenn das Herz bei einem Herzinfarkt nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper pumpt.
Der Begriff essenzielle Hypotonie bezeichnet einen anlagebedingten niedrigen Blutdruck. Gleichbedeutend wird auch von „idiopathischer Hypotonie“, „konstitutioneller Hypotonie“ oder „primärer Hypotonie“ gesprochen. Betroffen sind meist junge, schlanke Frauen. Ein anlagebedingter niedriger Blutdruck ist keine Krankheit. Wenn keine Beschwerden auftreten, besteht kein Grund für eine Behandlung.
Manche Menschen mit anlagebedingtem niedrigem Blutdruck leiden unter kalten Händen und Füßen und neigen zu Schwindel- oder Ohnmachtsanfällen. Einige Betroffene klagen auch über Müdigkeit. Ob allerdings ein niedriger Blutdruck Müdigkeit verursacht, ist wissenschaftlich umstritten. Wenn ein Zusammenhang besteht, könnte dieser auch umgekehrt sein: Müdigkeit führt zu verminderter Aktivität, was wiederum zu niedrigerem Blutdruck führt.
Wenn bei einem anlagebedingten niedrigen Blutdruck Beschwerden auftreten, helfen häufig allgemeine Maßnahmen, um die Symptome zu lindern. Dazu gehören zum Beispiel regelmäßige Bewegung (Kreislauftraining) und Hydrotherapie (zum Beispiel Anwendung von kaltem Wasser oder Wechselduschen). Wichtig ist es auch, ausreichend zu trinken und ausreichend Salz mit der Nahrung aufzunehmen. Manchmal hilft es auch, Kompressionsstrümpfe zu tragen oder den Oberkörper beim Schlafen mit Kissen zu erhöhen. Medikamente kommen bei der essenziellen Hypotonie nur sehr selten zum Einsatz, ihr Nutzen ist nicht belegt.
Auch Sportler und gut trainierte Personen haben in Ruhe oft einen niedrigen Blutdruck. In diesem Fall spricht man von einer regulativen Hypotonie.
Der Begriff orthostatische Hypotonie wird verwendet, wenn der Blutdruck bei einem Wechsel der Körperposition stark abfällt, zum Beispiel beim Aufstehen nach längerem Liegen oder Sitzen. Es handelt sich dabei um eine Störung der Kreislaufregulation. Normalerweise ziehen sich die Venen in den Beinen durch einen Reflex zusammen, wenn ein Mensch aufsteht. Dieser Reflex funktioniert bei der orthostatischen Hypotonie nicht ausreichend, das Blut versackt in den Beinen. Viele Betroffene haben, von den akuten Situationen abgesehen, einen normalen oder sogar erhöhten Blutdruck.
Orthostatische Hypotonien werden insbesondere bei älteren Menschen beobachtet. Sie können bei Schädigungen des autonomen Nervensystems auftreten, zum Beispiel im Rahmen eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder bei anderen Neuropathien. Auch starke Krampfadern (Varikosis) oder eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme können orthostatische Reaktionen begünstigen. Darüber hinaus kann die Einnahme bestimmter Medikamente zu einer orthostatischen Hypotonie führen.
Der Blutdruckabfall beim Aufstehen kann sich bemerkbar machen durch Schwindel, Kopfschmerzen oder durch Schwarzwerden vor Augen bis zu einer Bewusstlosigkeit. Eine solche kurz andauernde Ohnmacht wird auch als Synkope bezeichnet. Begleitend können Gleichgewichtsstörungen, Ohrensausen, Sehstörungen, verstärktes Schwitzen und ein Schwächegefühl auftreten. Auch Herzklopfen, Beklemmungsgefühle oder Schmerzen in der Herzgegend sind möglich. Diese Erscheinungen bessern sich in der Regel wieder, wenn der Betroffene sich hinlegt oder setzt.
Zur Diagnose der orthostatischen Hypotonie eignet sich ein Kreislauffunktionstest, der sogenannte Schellong-Test. Für den Test muss der Patient oder die Patientin vor der Untersuchung zehn Minuten lang liegen und dann aufstehen. Jeweils mit einem Abstand von einer Minute werden Blutdruck und Puls zehn Minuten lang gemessen und die Veränderung der Werte registriert. Bei Menschen mit orthostatischer Hypotonie schwanken der Blutdruck und teilweise auch der Puls außerhalb des normalen Bereichs. Um den Tagesverlauf abbilden zu können, ist es gegebenenfalls sinnvoll, den Test zu verschiedenen Tageszeiten zu wiederholen.
Wer unter einer orthostatischen Hypotonie leidet, kann durch langsames Aufstehen versuchen, dem plötzlichen Blutdruckabfall vorzubeugen. Auch kann es helfen, mit gekreuzten Beinen zu stehen oder in die Hocke zu gehen. Die oben genannten Allgemeinmaßnahmen sind ebenfalls manchmal hilfreich. Wenn Medikamente die orthostatische Hypotonie auslösen, kann eine Umstellung der Medikamente erwogen werden. Denn gerade ältere Menschen können sich bei Stürzen durch den Blutdruckabfall verletzen.
In Ausnahmefällen kommt eine medikamentöse Therapie zur Erhöhung des Blutdrucks infrage, wenn andere, nicht medikamentöse Maßnahmen nicht ausreichen. Es werden zum Beispiel Medikamente eingesetzt, die den Kreislauf aktivieren und so den Blutdruck erhöhen, sogenannte Sympathomimetika. Andere Medikamente verringern die Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten. Somit wird das Volumen in den Gefäßen erhöht und der Blutdruck steigt. Hierzu zählen die Mineralkortikosteroide. Bei allen Medikamenten sind Risiko und Nutzen kritisch abzuwägen – sie können erhebliche unerwünschte Wirkungen haben und ihr Nutzen für eine dauerhafte Behandlung ist zum Teil nicht ausreichend belegt.
Manchmal ist ein niedriger Blutdruck die Folge einer anderen Erkrankung. Man spricht dann von sekundärer oder symptomatischer Hypotonie. Dazu gehören Herz- und Gefäßerkrankungen wie zum Beispiel Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen oder eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Weitere Ursachen können zum Beispiel Erkrankungen von Schilddrüse oder Nieren oder ein Flüssigkeits- und/oder Salzmangel sein.
Häufig wird eine sekundäre Hypotonie auch durch Medikamente ausgelöst. So kann es zum Beispiel zu einem starken Blutdruckabfall kommen, wenn eine Behandlung mit blutdrucksenkenden Medikamenten begonnen wird. Eine blutdrucksenkende Behandlung sollte daher in der Regel langsam und in niedriger Dosierung begonnen werden.
Bei Symptomen, die möglicherweise auf einem niedrigen Blutdruck beruhen, ist in der Regel die Hausarztpraxis die erste Anlaufstelle. Gegebenenfalls können weitere Fachärzte und -ärztinnen hinzugezogen werden, bei Schwindel- oder Ohnmachtsanfällen zum Beispiel aus den Bereichen Kardiologie oder Neurologie.
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