Anhaltende Müdigkeit, nachlassende Leistungsfähigkeit im Job und das Gefühl der emotionalen Erschöpfung: Diese Symptome werden häufig bei einem sogenannten Burn-out-Syndrom beschrieben. Oft kommen noch körperliche Anzeichen wie Kopfschmerzen, sexuelle Probleme oder Schlafstörungen hinzu. Häufig wird der Zustand auch als „Ausgebranntsein“ empfunden.
Was genau ein Burn-out-Syndrom ist, wurde bisher nicht einheitlich definiert. Der Begriff umfasst eine Kombination vieler verschiedener Symptome und Beschwerden. Im Vordergrund steht ein Zustand chronischer körperlicher und/oder seelischer Erschöpfung. Die englische Bezeichnung „burn out“ bedeutet übersetzt „ausbrennen“. Der Begriff wurde im Jahr 1974 durch den deutsch-amerikanischen Psychoanalytiker und Wissenschaftler Herbert Freudenberger geprägt. Er bezog sich zunächst nur auf Beschwerden aufgrund von Belastungen und Stress am Arbeitsplatz, insbesondere in helfenden Berufen. Inzwischen wird der Begriff in Zusammenhang mit allen Berufsgruppen und auch mit außerberuflichen Belastungen verwendet.
Bis heute gibt es keine allgemein anerkannte und wissenschaftlich gut untersuchte Diagnose Burn-out-Syndrom. Manche Fachleute gehen davon aus, dass die Symptome eines Burn-out-Syndroms auf andere Erkrankungen wie eine Depression oder eine Angststörung zurückzuführen sind.
In der international anerkannten Klassifikation von Erkrankungen, der ICD-10, wird das Burn-out-Syndrom unter der Ziffer Z-73.0 aufgeführt. Diese steht für „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“. Nach dieser Einstufung ist Burn-out nur eine Zusatzdiagnose und keine eigene Behandlungsdiagnose. Daher ist es für die Ärzte und Ärztinnen teilweise schwierig, die Leistungen bei einem Burn-out-Syndrom mit der Krankenkasse abzurechnen oder die Einweisung Betroffener in eine Klinik zu rechtfertigen. Manchmal verwenden sie daher auch Diagnosen wie „Depression“, damit dem Patienten oder der Patientin schnell geholfen werden kann und sich der Behandlungsweg leichter gestaltet.
Die World Health Organisation (WHO) hat die internationale Klassifikation von Erkrankungen überarbeitet und eine neue Version, die ICD-11, veröffentlicht. Darin ist das Burnout unter der Ziffer QD 85 in dem Kapitel „Faktoren, die die Gesundheit beeinträchtigen können“ unter „Problemen in Zusammenhang mit Arbeit und Arbeitslosigkeit“ aufgeführt und definiert. Diese Einordnung ist umstritten, da sie Burn-out-Symptomatiken in anderen Zusammenhängen nicht berücksichtigt. Die zuständigen Behörden in Deutschland arbeiten aktuell an einer deutschen Version der ICD-11. Da die neue Klassifikation einige grundlegende Änderungen aufweist, ist noch nicht absehbar, wie sich die Änderungen der ICD-11 auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Burn-Out-Syndrom auswirken wird.
Viele Anzeichen sind typisch für beide Erkrankungsbilder, zum Beispiel starke Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und verringerte Leistungsfähigkeit. Symptome wie Hoffnungslosigkeit und Selbsttötungsgedanken sind dagegen eher klassische Signale für eine Depression und werden nicht als typische Burn-out-Beschwerden gesehen. Hinzu kommt, dass die Beschwerden eines Burn-out-Syndroms eher auf einen konkreten Kontext bezogen sind, in erster Linie berufs- beziehungsweise arbeitsbezogen. Eine Depression betrifft dagegen in der Regel sämtliche Bereiche des Lebens der Betroffenen.
Dem Burn-out wird eine ganze Reihe von Beschwerden zugeordnet. Es besteht keine Einigkeit, welche dazugehören und welche nicht. Allen bisherigen Definitionen des Burn-out-Syndroms ist aber gemeinsam, dass die Beschwerden als Folge belastender beruflicher oder außerberuflicher Tätigkeiten gesehen werden. Als außerberufliche Belastung wird beispielsweise die Pflege von Angehörigen genannt.
Bisher gelten hauptsächlich 3 Beschwerdebereiche als Anzeichen für ein Burn-out-Syndrom:
Erschöpfung: Betroffene fühlen sich ausgelaugt und emotional erschöpft ("ausgebrannt"), berichten von mangelnder Energie, Überforderung, Müdigkeit und Niedergeschlagenheit, aber auch von körperlichen Beschwerden wie Schmerzen und Magen-Darm-Problemen.
Entfremdung von der (beruflichen) Tätigkeit: Betroffene erleben ihre Arbeit zunehmend als belastend und frustrierend. Sie können eine zynische Haltung gegenüber ihren Arbeitsbedingungen oder Kollegen und Kolleginnen entwickeln, gepaart mit starker emotionaler Distanz und zunehmender Abstumpfung ihren beruflichen Aufgaben gegenüber.
Verringerte Leistungsfähigkeit: Die tägliche Leistung im Beruf oder Alltag lässt nach. Betroffene empfinden ihre Tätigkeit als sehr negativ, sind unkonzentriert, lustlos und haben häufig das Gefühl, den Anforderungen nicht genügen zu können.
Bislang gibt es keine allgemein anerkannten Methoden, mit denen ein Burn-out festgestellt werden kann. Es gibt verschiedene Fragebögen zur Selbstauskunft. Der gängigste Fragebogen nennt sich „Maslach-Burnout-Inventar“ und liegt für verschiedene Berufsgruppen vor. Da es aber keine einheitliche Definition von Burn-out gibt, ist unklar, ob Fragebögen ein Burn-out wirklich messen und von anderen Krankheiten abgrenzen können.
Der Erschöpfungszustand bei einem Burn-out entsteht als Folge eines Ungleichgewichts zwischen Anforderungen und persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten. Es spielen also persönlichkeitsbedingte innere Faktoren und äußere Faktoren wie Umweltbedingungen zusammen.
Zu den inneren Faktoren, die das Burn-out-Risiko erhöhen, gehören zum Beispiel idealistische, sehr hohe Erwartungen an sich selbst, ausgeprägter Ehrgeiz, Streben nach Perfektion (Perfektionismus) und ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung.
Äußere Faktoren am Arbeitsplatz, die zu der Entstehung eines Burn-outs beitragen können, sind zum Beispiel hohe Anforderungen und eine hohe Arbeitsbelastung, Druck von Vorgesetzten, fehlende Wertschätzung, mangelnde Entscheidungsfreiheiten und wenig Einfluss auf den Arbeitsablauf, aber auch zu viel Verantwortung oder Rollenunklarheiten. Auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen können zur Entstehung eines Burn-outs beitragen, wenn sie Druck dahingehend erzeugen, immer effizienter zu sein und mehr zu leisten.
Viele Betroffene suchen zunächst wegen körperlicher Symptome wie Schlafstörungen oder Kopfschmerzen die Hausarztpraxis auf. Besteht kein Anhalt für eine körperliche Ursache der Beschwerden und ergibt das Gespräch Hinweise auf ein Burn-out-Syndrom oder eine seelische Belastung, kann der Hausarzt oder die Hausärztin Betroffene an entsprechende Fachleute weiterleiten. Das können Ärzte und Ärztinnen aus den Fachgebieten „Psychiatrie und Psychotherapie“ oder „Psychosomatik und Psychotherapie“ sein oder Psychologen und Psychologinnen mit einer psychotherapeutischen Qualifikation.
Trotz der begrifflichen Unschärfe und Uneinigkeit bezüglich der Diagnose ist es eindeutig, dass die Symptome, die unter der Bezeichnung Burn-out-Syndrom zusammengefasst werden, Betroffene stark belasten können und weitreichende medizinische sowie ökonomische Folgen verursachen. Betroffene benötigen häufig ärztliche oder psychologische Beratung und Behandlung.
In einer Psychotherapie können die Ursachen der Beschwerden geklärt und Verhaltensänderungen trainiert werden. Betroffene lernen, die eigenen Kräfte und Grenzen der Belastbarkeit besser einzuschätzen. Welche Form der Therapie am besten geeignet ist, können Betroffene gemeinsam mit dem Psychotherapeuten oder der Psychotherapeutin beraten.
Auch Stressmanagement-Kurse, Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga oder Pilates, Gestaltungstherapie (Musik, Kunst), Ergotherapie, Sozialtherapie oder Sport- und Bewegungstherapie können zur Anwendung kommen.
Je nach Schweregrad wird eine Behandlung entweder ambulant oder stationär durchgeführt. Manchmal können auch Medikamente (Antidepressiva) zum Einsatz kommen.
An der Vorbeugung von stressbedingten Belastungen am Arbeitsplatz können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, aber auch Betroffene selbst und das soziale Umfeld mitwirken.
Was Betriebe und Unternehmen tun können: Maßnahmen wie zum Beispiel betriebliche Gesundheitsförderung und Seminare zu Zeit- und Stressmanagement können präventiv sinnvoll sein. Seminare, Schulungen oder Workshops können sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberseite für das Thema sensibilisieren. Bei einer Umgestaltung der jeweils belastenden Situation am Arbeitsplatz kann gegebenenfalls auch betriebsärztliche Unterstürtzung hinzugezogen werden.
Betroffene können lernen, gezielt auf sich zu achten, eigene Stärken und Schwächen zu kennen und Warnsignale ernst zu nehmen. Manchmal kann ein Gespräch am Arbeitsplatz die Situation verbessern, in anderen Fällen sollte ein Arbeitsplatzwechsel in Erwägung gezogen werden. Hobbies, Sport oder Entspannungstechniken können einen Ausgleich zur beruflichen Belastung schaffen. Für pflegende Angehörige gibt es eine Reihe von Angeboten zur Entlastung. Wenn Betroffene das Gefühl haben, die Situation nicht alleine verändern zu können, sollten sie sich professionelle Unterstützung suchen.
Gut zu wissen: Viele Krankenkassen bieten Burn-out-Präventionskurse und Stressmanagement-Seminare für ihre Versicherten an. Sie können sich über diese Leistungen direkt bei Ihrer Krankenkasse informieren.
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World Health Organisation (WHO): ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics. (Version: 02/2022). Letzter Zugriff: 20.05.2022.
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