Inhalt:
Wie schnell muss die Pflegekasse über den Antrag auf Pflegeleistungen entscheiden?
Soll ich bei der Pflegebegutachtung eines oder einer Angehörigen dabei sein und Auskunft geben?
Welche Pflegeleistungen sind für die Pflege im häuslichen Bereich sinnvoll?
Wo kann ich mich zur häuslichen Pflege eines oder einer Angehörigen beraten lassen?
Welche Gelder stehen für die verschiedenen Leistungsarten zur Verfügung?
Menschen sind pflegebedürftig, wenn sie gesundheitlich bedingt in ihrer Selbstständigkeit und ihren Fähigkeiten beeinträchtigt sind und deshalb die Hilfe anderer brauchen. Pflegebedürftige können die körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingten Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig ausgleichen oder bewältigen.
Mit einer Vollmacht können Sie für Ihre Angehörigen einen Antrag stellen. Die Leistungen werden ab dem Datum der Antragstellung gewährt. Es kommt darauf an, wann der Antrag bei der Pflegekasse eingeht. Die Pflegekasse befindet sich bei der Krankenkasse. Für Privatversicherte muss der Antrag bei deren Versicherungsunternehmen gestellt werden.
Tipp:
Mehr Infos zu Vorsorgedokumenten finden Sie hier
Mehr Infos zum Antrag für Pflegeleistungen finden Sie hier
Die Pflegekasse muss innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden. Innerhalb dieser Frist muss die Pflegekasse die Begutachtung durchführen und ihre Entscheidung schriftlich mitteilen. Das Gutachten wird zusammen mit der Entscheidung der Pflegekasse übersandt.
Auch für die Begutachtung können Fristen gelten:
Die Begutachtung muss innerhalb einer Woche ab Antragstellung erfolgen, wenn der oder die Pflegebedürftige im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung ist und ärztlich bescheinigt wird, dass zur Sicherstellung der Weiterversorgung und Betreuung eine Begutachtung noch während des Aufenthalts in der behandelnden Einrichtung erforderlich ist. Die Wochenfrist gilt auch, wenn die pflegende Person eine Pflegezeit gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt hat oder die pflegende Person mit ihrem Arbeitgeber eine Familienpflegezeit vereinbart hat.
Wenn die pflegebedürftige Person in einem Hospiz oder zu Hause palliativ versorgt wird, muss die Begutachtung ebenfalls innerhalb einer Woche erfolgen.
Die Begutachtung ist innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags durchzuführen, wenn sich die pflegebedürftige Person in ihrer häuslichen Umgebung aufhält, ohne palliativ versorgt zu werden und die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit vereinbart wurde.
Hält die Pflegekasse die Fristen nicht ein, muss sie für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro zahlen. Diese Zusatzzahlung kann ohne Antrag sofort eingefordert werden. Die Zusatzzahlung muss nicht geleistet werden, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder der oder die Pflegebedürftige im Pflegeheim lebt und mindestens der Pflegegrad 2 bereits anerkannt wurde.
Sie oder andere in die Pflege involvierte Personen sollten unbedingt anwesend sein und Auskunft geben. Der Gutachter oder die Gutachterin vereinbart einen Termin. Die Begutachtung findet im häuslichen Umfeld statt. Die Betroffenen können aufschreiben, wie ein typischer Monatsablauf mit allen Aktivitäten zu Hause und auswärts aussieht und wo sie Hilfe brauchen. Die Begutachtung sollte in einer realistischen Alltagssituation stattfinden.
Die Fragen und Untersuchungen des Gutachters oder der Gutachterin sollen die Feststellung ermöglichen, wie selbständig die pflegebedürftige Person in sechs Lebensbereichen noch ist. Diese Bereiche sind:
1. Mobilität
2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung
5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Mithilfe eines Punktesystems ermittelt der Gutachter oder die Gutachterin eine Gesamt-punktzahl. Nach dieser richtet sich der Pflegegrad. Es gibt die Pflegegrade 1 bis 5.
Pflegegrad | Erforderliche Punkte |
---|---|
1 |
12,5 bis unter 27 |
2 |
27 bis unter 47,5 |
3 |
47,5 bis unter 70 |
4 |
70 bis unter 90 |
5 |
90 bis 100 |
Der Gutachter oder die Gutachterin prüft auch, ob Vorsorge- und/oder Reha-Bedarf besteht und kann auch Pflegehilfsmittel empfehlen.
Welche Pflegeleistungen sinnvoll sind, hängt vom Unterstützungsbedarf der pflegebedürftigen Person und ihren Kapazitäten ab. Zusammen mit einem Pflegeberater oder einer Pflegeberaterin kann ein Versorgungsplan erstellt werden. Hierbei wird ermittelt, welche Leistungsbeträge für welche Leistungsarten genutzt werden können und wie diese kombiniert werden können. . Leistungen der Pflegeversicherung für die häusliche Pflege sind z. B.:
Pflegegeld, das an die pflegebedürftige Person gezahlt wird
Pflegesachleistung durch einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst
Entlastungsbetrag, z. B. für Unterstützung im Alltag
Verhinderungspflege, wenn die Pflegeperson ausfällt
Kurzzeitpflege, vorübergehend stationär
teilstationäre Tages- oder Nachtpflege
Hausnotruf
digitale Pflegeanwendungen per App oder als Webanwendungen
Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person können Sie eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen oder in eine solche einbezogen werden.
Die Pflegekasse muss nach der Stellung eines Antrags einen konkreten Termin für eine Pflegeberatung anbieten und eine Kontaktperson angeben. Der Termin muss innerhalb von zwei Wochen nach der Antragstellung liegen. Die Pflegeberatung kann auf Wunsch auch zu Hause stattfinden.
Die Pflegekasse kann auch einen Beratungsgutschein ausstellen, der innerhalb von zwei Wochen genutzt werden kann. In diesem werden unabhängige Beratungsstellen benannt.
Die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater informieren auch über Angebote und Leistungen, die pflegende Angehörige entlasten und unterstützen wie z.B. stationäre Rehabilitation und Verhinderungspflege.
Es gibt auch regionale Pflegestützpunkte, die zum Thema Pflege informieren. Wo diese liegen, kann bei der Pflegekasse erfragt werden.
Privat Pflegeversicherte werden durch das Unternehmen „COMPASS Private Pflegeberatung“ beraten. Dieses ist erreichbar unter der Rufnummer 0800 1018800. Die Versicherten können sich an ihren Versicherer wenden oder an den Verband der Privaten Krankenversicherung e.V., Gustav-Heinemann-Ufer 74 c, 50968 Köln, www.pkv.de.
Die Pflegekasse muss auf Anfrage Preisvergleichslisten für die zugelassenen Pflegedienste zur Verfügung stellen. Gleiches gilt für Listen über Leistungen und Preise der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag und alle übrigen Leistungserbringer, z. B. für Tages- und Nachtpflege. Die Landesverbände der Pflegekassen veröffentlichen diese Listen auch im Internet.
Es ist wichtig zu wissen, dass einige der Leistungen miteinander kombiniert werden können und teilweise das Budget einer Leistungsart auf eine andere übertragen werden kann. Wie der individuelle Bedarf am sinnvollsten abgedeckt wird, kann in einer Pflegeberatung ermittelt werden.
Überblick Leistungen | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
---|---|---|---|---|---|
Pflegegeld monatlich |
-- | 316 Euro | 545 Euro | 728 Euro | 901 Euro |
Pflegesachleistung monatlicher Höchstbetrag | -- | 724 Euro | 1.363 Euro | 1.693 Euro | 2.095 Euro |
Entlastungsbetrag monatlich | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro |
Tages- und Nachtpflege monatlicher Höchstbetrag | -- | 689 Euro | 1.298 Euro | 1.612 Euro | 1.995 Euro |
Verhinderungspflege jährlicher Höchstbetrag* | -- | 1.612 Euro | 1.612 Euro | 1.612 Euro | 1.612 Euro |
Verhinderungspflegegeld jährlicher Höchstbetrag** | -- | 474 Euro | 817,50 Euro | 1.092 Euro | 1.351,50 Euro |
Kurzzeitpflege jährlicher Höchstbetrag*** | -- | 1.774 Euro | 1.774 Euro | 1.774 Euro | 1.774 Euro |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch monatlicher Höchstbetrag | 40 Euro | 40 Euro | 40 Euro | 40 Euro | 40 Euro |
Hausnotruf monatlicher Höchstbetrag | 25,50 Euro | 25,50 Euro | 25,50 Euro | 25,50 Euro | 25,50 Euro |
Digitale Pflegeanwendungen monatlicher Höchstbetrag | 50 Euro | 50 Euro | 50 Euro | 50 Euro | 50 Euro |
Wohnraumanpassung Höchstbetrag pro Maßnahme | 4.000 Euro | 4.000 Euro | 4.000 Euro | 4.000 Euro | 4.000 Euro |
* Aufstockung aus nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege um 806 Euro auf bis zu 2.418 Euro jährlich möglich (Ersatzpflegeperson darf nicht mit der pflegebedürftigen Person bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sein oder im gleichen Haushalt leben)
** Für diese nahestehenden Ersatzpflegepersonen gibt es lediglich Verhinderungspflegegeld: Jahresbetrag = mtl. Pflegegeld * 1,5; bei nachgewiesenen notwendige Aufwendungen (z.B. Fahrkosten oder Verdienstausfall) kann bis zu 1.612 Euro aufgestockt werden; weitere Aufstockung wie unter * möglich
***Aufstockung aus nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Verhinderungspflege um 1.612 Euro auf bis zu 3.386 Euro jährlich möglich; Kurzzeitpflege in Pflegegrad 1 nur über die Krankenkasse: 1.774 Euro ohne Aufstockungsmöglichkeit
Übrigens:
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