Ob Brille, Hörgerät, Pflegebett oder orthopädische Strümpfe: Benötigen Sie als gesetzlich Versicherte aus gesundheitlichen oder pflegerischen Gründen (Pflege-) Hilfsmittel, übernehmen die Kranken- oder Pflegekassen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten dafür. Was genau zu tun ist und wie Sie vorgehen können, wenn die Krankenkasse die Kostenübernahme für das begehrte Hilfsmittel ablehnt, erfahren Sie hier.
Sind Sie gesetzlich versichert und benötigen ein Hilfsmittel wie z. B. einen Rollator, gehen Sie wie folgt vor:
Vereinbaren Sie zunächst einen Termin bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Dieser oder diese stellt Ihnen eine Verordnung aus, wenn er oder sie die gesetzlichen Voraussetzungen als gegeben ansieht.
Das Hilfsmittel muss erforderlich sein, um
den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern,
einer drohenden Behinderung vorzubeugen,
eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen,
eine Schwächung der Gesundheit zu beseitigen,
einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken
Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
Für Hilfsmittel schließen die Krankenkassen mit bestimmten Leistungserbringern (z. B. Sanitätshäusern) Verträge. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nur für die Hilfsmittelversorgung durch diese Leistungserbringer. Fragen Sie deshalb bei Ihrer Krankenkasse nach, mit welchen Hilfsmittelerbringern ein solcher Vertrag besteht.
Wenden Sie sich mit der Verordnung an einen der Vertragspartner Ihrer Krankenkasse. Dieser händigt Ihnen – je nach Art des Hilfsmittels – dieses direkt aus oder erstellt für Sie zunächst einen Kostenvoranschlag. Sollte kein Vertrag bestehen, besprechen Sie das weitere Vorgehen direkt mit Ihrer Krankenkasse.
Sofern Sie vom Leistungserbringer einen Kostenvoranschlag erhalten haben, reichen Sie diesen zusammen mit dem Antrag auf Kostenübernahme und der ärztlichen Verordnung bei Ihrer Krankenkasse ein. Die Kosten für das Hilfsmittel übernimmt die Krankenkasse dann, wenn die Versorgung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist.
Für bestimmte Hilfsmittel sind Festbeträge festgesetzt. Das bedeutet, dass die Krankenkasse die Kosten nur höchstens in Höhe dieses Festbetrags übernehmen muss. Die Differenz zwischen Festbetrag und möglicherweise höherem Verkaufspreis des Hilfsmittels müssen Sie selbst tragen. Festbeträge gibt es derzeit für:
Einlagen,
Hörhilfen,
Ableitende Inkontinenzhilfen,
Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und
Sehhilfen.
Darüber hinaus müssen Sie für Hilfsmittel Zuzahlungen leisten. Für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhe), zahlen Sie zehn Prozent der Kosten pro Packung hinzu – maximal aber zehn Euro für den gesamten Monatsbedarf. Für alle anderen Hilfsmittel zahlen Sie zehn Prozent, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Die Zuzahlungen dürfen nicht höher sein als die Kosten des Hilfsmittels selbst. Es gelten jährliche Belastungsgrenzen. Wenn diese erreicht sind, können Sie sich von den Zuzahlungen befreien lassen oder die Krankenkasse erstattet zuviel gezahlte Zuzahlungen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier: "Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Zuzahlungen und Belastungsgrenzen".
Achtung: Für Hilfsmittel, die einen Gebrauchsgegenstand ersetzen, zum Beispiel orthopädische Schuhe oder Fahrräder, zahlen Sie neben den gesetzlichen Zuzahlungen auch einen Eigenanteil. Beispiel: Erwachsene zahlen für orthopädische Straßenschuhe 76 Euro Eigenanteil.
Wenn Sie sich ein Hilfsmittel wünschen, das über das Maß des Notwendigen hinausgeht (also z. B. einen leichteren und wendigeren, aber teureren Rollator), tragen Sie die Mehrkosten selbst. Entstehen dadurch höhere Folgekosten, z. B. weil der „bessere“ Rollator öfter gewartet werden muss, zahlen Sie auch diese Kosten selbst.
Wichtig: Die Leistungserbringer müssen Ihnen
zunächst ein Gerät anbieten, für das keine Mehrkosten entstehen,
Sie darüber aufklären, wie hoch die Mehrkosten für ein höherwertiges Hilfsmittel sind und
die Beratung schriftlich oder elektronisch dokumentieren.
Sie bestätigen die erfolgte Beratung mit Ihrer Unterschrift. Bitte lesen Sie daher genau, was Sie unterschreiben und lassen Sie sich unklare Formulierungen vorher erklären.
Lehnt die Krankenkasse Ihren Antrag auf Kostenübernahme für ein Hilfsmittel ab, können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist schriftlich einzureichen. Alternativ können Sie in der Geschäftsstelle der Krankenkasse Ihren Widerspruch protokollieren lassen und ihn unterschreiben.
Tipp: Sie sollten Ihren Widerspruch begründen und erläutern, aus welchen Gründen Sie die Kostenübernahme für das Hilfsmittel als erforderlich ansehen. Dazu sind Sie zwar nicht verpflichtet, es erhöht Ihre Erfolgschancen aber deutlich.
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